Deutscher Kolonialismus (1880-1914)

Der Führer der Unabhängigkeitsbewegung und spätere Staatspräsident von Tansania, Julius Nyerere, erinnert 1956 in einer Rede vor der UNO an die Kolonialzeit:
"Fünfzehn Jahre lang, von 1885 bis 1900 kämpfte mein Volk mit Pfeil und Bogen, mit Speeren und Keulen, Messern und rostigen Musketen, verzweifelt, um die Deutschen aus unserem Land herauszuhalten. Im Jahre 1905 versuchte mein Volk erneut, und nun zum letzten Mal, in dem berühmten Maji-Maji-Aufstand die Deutschen aus dem Lande zu treiben. Die Deutschen mit der ihnen eigenen Härte zerschlugen die Erhebung und metzelten dabei 120.000 Menschen nieder."


Wie werden Kolonien gegründet?

  • Da die Reichsregierung unter Bismarck die Kolonisierung 1884 noch ablehnt, sammeln Privatleute, wie der spätere „Reichskommissar“ Carl Peters, Geld von Adligen und Industriellen und „kaufen“, unter Einsatz von Tauschobjekten (wie Waffen), aber auch mit Gewalt, große Mengen Land. Sie erwerben auch Hoheitsrechte (Ausbeutung von Bergwerken etc., Zölle, Steuern, Justiz und Verwaltung).
  • Unter dem Druck der Kolonial-Lobby gibt das Deutsche Reich nach einiger Zeit den Kolonisatoren „Schutzbriefe“ und schickt Soldaten nach Afrika, um die wirtschaftlichen Interessen der Deutschen zu schützen. (Das offizielle Wort für Kolonie ist "Schutzgebiet".)
  • Ab 1888 werden erste Aufstände der Afrikaner in Ost- und Südwestafrika, manchmal unter dem Vorwand der Bekämpfung der Sklaverei, blutig unterdrückt. Zwei Ereignisse vor hundert Jahren, der Maji-Maji-Aufstand in Ostafrika (ungefähr 300 000 Tote) und der Herero-Aufstand in Südwest-Afrika (ungefähr 70% dieser Volksgruppe sind umgekommen), sind der furchtbare Höhepunkt dieser Kolonialpolitik.
Begründungen für den Kolonialismus:
1) Ein politisches Argument: Um die wichtige Rolle des eigenen Landes in der Welt zu beweisen, braucht man Kolonien. Die Kolonien werden als militärische Stützpunkte benutzt.
2) Ein rassistisch-nationalistisches Argument: Mit der eigenen, angeblich «höheren Kultur» rechtfertigt man die Annexion anderer Länder. (Sozialdarwinismus)
3) Ein ökonomisches Argument: Man behauptet, die rapide Zunahme der Bevölkerung Deutschlands verursache Nahrungsmittelknappheit, Arbeitslosigkeit, die Stärkung der Arbeiterbewegung. Man besetzt andere Länder, um neue Absatzmärkte zu schaffen. So sollen Krisen im eigenen Land vermieden werden.
4) Ein religiöses Argument: Missionare sollen das Christentum in die Kolonien bringen.
Links und Quellen:
Radiosendung des Hessischen Rundfunks (30. Januar bis 2. Februar 2006)
Wikipedia: Deutsche Kolonien
Webseite "Deutscher Kolonialismus"
Fernsehfilm in drei Teilen im ZDF (November 2005)
Lebendiges Historisches Museum: Kolonialismus